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Bio in aller Welt! Unsere Bio-Trendscouts berichten: Elisabeth Berg in Australien

Ulli Cecerle-Uitz
Juni 25, 2015

Wir sind neugierig, was es mit Bio in aller Welt auf sich hat. Also schnuppern wir über den heimischen Tellerrand hinaus. Und das im wahrsten Sinn. Deshalb vergaben Ja! Natürlich und der KURIER Anfang des Jahres Stipendien an Studierende im Ausland, damit sie für uns als Bio-Trendscouts berichten. Nach einem Verabschiedungs-Abendessen gingen die Reisen nach Amsterdam, Australien, China, Dänemark, in die USA und nach Chile. Als BotschafterInnen berichten sie von ihren Beobachtungen auf dem Lebensmittelsektor im Allgemeinen und über Bio im Speziellen. Beeindruckende Schilderungen und spannendes Bildmaterial wurden uns zugeschickt, das wir hier am Blog wiedergeben. Vielen Dank für das Engagement!

Elisabeth Berg berichtet aus Australien. Sie absolviert im Sommersemster 2014 ein Top Up Degree an der University of the Sunshine Coast in Queensland. Hier ihr persönlicher Bericht:

„Der Menüplan eines australischen Studenten oder Das ungenützte Potenzial der australischen Küche“

Meine ersten Wochen in Australien waren von unterschiedlichsten Eindrücken und Erfahrungen geprägt. Dass die Kultur stark westlich beeinflusst und das Land in vielerlei Hinsicht weniger Down Under ist, als es augenscheinlich anmutet, zählt zu den wesentlichsten Erkenntnissen dieser Anfangszeit. Dennoch sind gerade im Lebensbereich Ernährung und Lebensmittel kleine und größere Unterschiede zu beobachten, die nach einem Gespräch mit der Australierin Sarah für mich besonders zum Vorschein kamen.

Die 25-jährige Sarah hat bereits einige Jahre an Universitätserfahrung gesammelt und entspricht unter anderem in Bezug auf ihre Essgewohnheiten dem klassisch australischen Bild einer durchschnittlichen Studentin. Von ihrer Reaktion, als wir auf das Thema Ernährung zu sprechen kamen, bin ich bis heute überrascht: Sie empfindet diese nämlich als wenig erstrebenswert und befindet sich damit in guter Gesellschaft. Auch ein großer Teil anderer StudentInnen charakterisiert die Essgewohnheiten der AustralierInnen als eher unausgewogen wie auch eintönig und selbst ich kann nach der kurzen Zeit bereits bestätigen, dass ernährungstechnisch viel „ungenütztes Potenzial“ vorliegt.

Wie sieht demnach der Menüplan an einem gewöhnlichen Wochentag aus? Sarahs Frühstück fällt bescheiden aus und beschränkt sich auf Kaffee sowie ein gelegentliches Müsli mit Milch. Die gesündere Alternative zu den gesüßten Cornflakes stellt die von Sarah unberücksichtigte enorme Obstauswahl dar. Die verschieden Sorten sind einzeln und fein säuberlich im Supermarkt aufgereiht und sogar tropische Früchte wie Papaya oder Passionsfrucht können mühelos und zu günstigen Preisen auf ihren Frühstücksteller gelangen. Bei den Milchprodukten, die diese Tagesmahlzeit zumeist begleiten, gibt es ebenso merkliche Unterschiede. Das Angebot an fettreduzierten Erzeugnissen und Light-Varianten fällt innerhalb einer Warenkategorie wie beispielsweise Joghurt oder Milch überdurchschnittlich hoch aus, allerdings kann Sarah nicht aus der „ganzen“ Vielfalt an Produkten wählen, weil gewisse Produkte wie etwa Molke oder Topfen gar nicht hergestellt werden.

Darüber hinaus wird das Einkaufen für die zunehmend größer werdende Gruppe der laktoseintoleranten Personen hier zur Herausforderung, da es nach meinen derzeitigen Beobachtungen keine laktosefreien Milchprodukte zu kaufen gibt. Die AustralierInnen konzentrieren sich vielmehr auf vegane Alternativen aus Soja- und Reismilch, deren Angebot dafür das in Österreich um ein Vielfaches übersteigt. Nachdem das Treffen mit Sarah auf die Mittagszeit fällt, packt sie ihr mitgebrachtes Essen aus. Ein Schinken-Sandwich kommt zum Vorschein und gleich darauf beißt sie beherzt zu. Während ich noch über den vermutlich geringen Sättigungsgrad des Snacks erstaunt bin, erklärt sie mir, dass das Sandwich nicht ihre Tageshauptmahlzeit darstellt. Um diese Tageszeit sind sie und auch andere AustralierInnen oftmals unterwegs, weshalb der „Lunch“ hier eher nur einen Übergangscharakter aufweist. Mir fällt außerdem das Sandwichbrot ins Auge. Statt des in Österreich beliebten Schwarzbrots bieten australische Supermärkte hauptsächlich eine Vielzahl an Weißbrotsorten an, aber auch das Mehr- oder Vollkorngebäck, sofern es welches gibt, erinnert geschmacklich mehr an Toast als an „richtiges“ Brot. Über einen Salat als Sandwichalternative hat Sarah noch gar nicht nachgedacht und das obwohl Australien eine bemerkenswerte Gemüsevielfalt anbietet. Die Auswahl im Supermarkt ist umfangreich und auch auf eine entsprechend temperierte Lagerung wird besonderen Wert gelegt, so befinden sich einige Gemüsesorten beispielsweise in Kühlregalen, die denen der Milchprodukte ähneln.

Eine weitere interessante Entdeckung bezieht sich darauf, dass es so gut wie jedes Gemüse einzeln zu kaufen gibt – anstatt in vorverpackten, größeren Mengeneinheiten, wie es in Österreich hauptsächlich praktiziert wird. Angefangen bei Zucchini sind auch eher unüblich Pilze, Spinat, Karotten, Knoblauchfüße oder Erdäpfel einzeln zu erstehen. Als Einzelperson gewisse Mengen nicht aufbrauchen zu können, stellt eventuell ein Problem in Österreich dar, in Australien kann es jedoch nicht als Argument für vernachlässigten Gemüsekonsum gelten. Zunehmend ansprechend werden Sarahs Erzählungen, als sie sich um das Abendessen drehen. Wie in Australien üblich, nimmt auch Sarah ihre abendliche Hauptmahlzeit gemeinsam mit ihrer Familie ein. Das Mahl besteht zumeist aus einem Stück Fleisch mit Nudeln, Salat oder Gemüse. Ihrer Beschreibung zufolge, dient das jedoch eher zur Sättigung als der Vitaminaufnahme, da vor allem kohlenhydratreiche Beilagen gegessen werden. Das bevorzugte Fleisch ist laut Sarah Huhn oder Rind, was sich nach meinen Beobachtungen auch im Preis entsprechend widerspiegelt.

Schwein, Lamm und Truthahn sind ebenfalls käuflich erwerblich, jedoch seltener und zu wesentlich höheren Preisen. Besonders ungewöhnlich ist auch die Vorliebe der AustralierInnen, Fleisch zu faschieren. So gibt es neben dem bekannten Rinds- oder gemischtem Faschierten auch standardmäßig faschiertes Huhn oder Pute im Sortiment, das geschmacklich zwar nicht an seine originale Herkunft erinnert, aber eindrucksvolle neue Zubereitungsarten ermöglicht. Sarah berichtet mir des Weiteren, dass vor allem bei Geflügel auf die biologische Haltung der Tiere geachtet wird und gerade dafür auch vermehrte Aufmerksamkeit bei den AustralierInnen besteht. So werden Huhn und Eier bewusst in besserer Qualität gekauft, während bei den anderen Produkten zurückgesteckt wird. Sarah ist zudem der festen Überzeugung, dass biologische Produkte vor allem für StudentInnen nicht leistbar sind. Diesen Eindruck kann ich nicht mit Sicherheit bestätigen, da sich die Suche nach biologischen Lebensmitteln schwieriger gestaltete als gedacht, was in Folge auch eine preisliche Beurteilung erschwert.

Eine gute Alternative zu dem hier in großen Mengen verzehrtem Fleisch wäre der Fisch, der preislich nur wenig über dem Niveau von Fleisch liegt und täglich in ansprechender Auswahl frisch angeboten wird. Während Bio hier eher versteckt zu sein scheint, spielt die Regionalität der Produkte eine wesentliche Rolle. Vor allem bei Obst und Gemüse wird die lokale Herkunft deutlich hervorgehoben, während auf einen Produktursprung im Ausland eher unauffällig verwiesen wird. Dieses Vorgehen gilt auch für Fleisch und für diverse andere Produkte des täglichen Bedarfs. Es scheint, dass – ganz egal wie klein eine Marke sein mag – alle Hersteller stolz darauf sind, das Siegel für die australische Herkunft (welch Zufall: es zeigt ein Känguru!) auf ihren Produkten zu führen. Interessanterweise ist Sarah diese Tatsache nie wirklich aufgefallen, bis die Supermärkte vor einiger Zeit mit aktiver Werbung am Point of Sale und im Fernsehen begonnen haben, während es bereits bei meinem ersten Einkauf unausweichlich für mich war, den Fokus auf die Regionalität wahrzunehmen. Nach dieser ersten Zeit am anderen Ende der Welt kann ich hiermit das Fazit ziehen, dass die AustralierInnen zwar auf ein vielfältiges und ansprechendes Lebensmittelangebot zurückgreifen können, ihre Essgewohnheiten dieses jedoch nicht nützen und es damit noch viel kulinarisch ungenutztes Potenzial auszuschöpfen gibt.

Bio-Info

Aus der ersten und zweiten Staffel der Bio-Trendscout-Reisen erschienen bisher folgende Berichte: Martin Schauhuber aus Vancouver, Frederick Pfeifer aus New Orleans, Doris Lamm aus Dänemark.

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